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Spaziergang im Herbst

Es ist Herbst, ich spaziere allein durch einen Wald. Auf einmal sehe ich vor mir eine Lichtung und gehe darauf zu. Eine dicke, graue Wolke schwebt über meinen Kopf, sie windet und dreht sich, bläht sich auf, wird einen Moment farbloser, um sich wieder in dichtem, undurchdringlichem Grau zu verlieren. Ich sehe ihr zu, gehe ihre Konturen ab. Sie schwebt auf mich herab, hüllt meinen Kopf ein und lässt einen Zeiger rund um meinen Körper rotieren. Der Zeiger hat die Form eines Rufzeichens, bleibt immer wieder stehen und klopft rhythmisch die Worte: "Schau, wie spät es ist!" Ich schaue, doch ich sehe nur die Mahnung eines steifen Gegenstandes. Die Wolke fragt: "Warum denkst du nicht richtig?" Ich überlege einen Moment und sage dann: "Weil ich es nicht weiß". Die Wolke biegt sich in ihrer Mitte durch, verliert für Bruchteile von Sekunden ihr tiefes Grau an dieser gebogenen Stelle und bewegt sich langsam und fließend in ihre vorherige Form zurück. Ein leichter Wind kommt auf, der mich in meiner dünnen Jacke erschauern lässt. Ich spüre, wie sich die Wolke zitternd von mir löst und steil der hohen Tiefe zuschwebt. Zurück lässt sie mich, die sich enger in ihre Jacke hüllt und dann denkt, dass es langsam Zeit ist, wieder nach Hause zu gehen.

         

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